Interview mit Dr. med. Katrin Fasnacht

«Wer sich die Zeit nimmt, den Kindern und deren Eltern aufmerksam zuzuschauen und hinzuhören, der erfährt meist schon alles, was er wissen muss.» Dr. med. Katrin Fasnacht, Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin und Kinderchirurgie absolvierte vor 18 Jahren ihr erstes Praktikum in einem Kinderkrankenhaus und erzählt in diesem Interview über sich und Ihren Beruf.

Wieso sind Sie Kinderärztin geworden?
Schon während meines Pflegedienst-Praktikums vor Beginn des Medizinstudiums haben mich die chirurgischen Fälle am meisten interessiert. Den Kurs in Anatomie fand ich dann überaus spannend, so dass ich früh beschlossen habe, Chirurgin zu werden. Etwas später habe ich dann erfahren, dass es die Subspezialität Kinderchirurgie gibt: hier sind handwerkliches Geschick, detektivischer Spürsinn, Mut und Musse im Umgang mit Kindern und deren Eltern gefragt. Kinderchirurgin bin ich dann auch geworden. Aus familiären Gründen habe ich mich dann noch für eine weitere Spezialisierung entschieden und mich zur Kinder- und Jugendmedizinerin weitergebildet.

Was ist das Schönste an Ihrem Beruf?
Die Medizin ist spannend und das Leben gibt uns immer wieder Rätsel auf. Ist der Patient nun ernsthaft krank oder nicht? Wie stelle ich das fest? Wie führen wir nun die Behandlung weiter? Es treibt mich an, wissenschaftlich am Ball zu bleiben und mit gesundem Menschenverstand und guter Laune Kinder und deren Familien zu begleiten und ihnen Hilfe anzubieten. Die Begegnungen finden in unterschiedlichen Lebenssituationen statt, sei es bei einer kurzen Untersuchung, einer längeren Therapie, im Notfall, bei einer chronischen Krankheit oder auch in völliger Gesundheit. Es wird nie langweilig und man macht etwas Sinnvolles.

Welche Fähigkeiten braucht man für diesen Beruf?
Viel Liebe zum Detail! Man sollte genau hinschauen können, was in der heutigen Zeit irgendwie immer schwieriger wird. Wer sich die Zeit nimmt, den Kindern und deren Eltern aufmerksam zuzuhören und hinzuhören, der erfährt meist schon alles, was er wissen muss. Man sollte flexibel bleiben. Zum einen hat man es von mit immer wieder neuen unterschiedlichen Situationen zu tun: von gesund bis schwer krank; eben noch lustig und glücklich, dann traurig oder hilfesuchend. Zum anderen sind die Zeiten von «das haben wir seit 20 Jahren so gemacht; das hat immer funktioniert» vorbei. Die Medizin ist ständig im Wandel. Da muss man dranbleiben wollen.

Wie sieht Ihr Tagesablauf aus?
Jeder Tag ist anders (zum Glück!). Mein Tagdienst beginnt um 7 Uhr. Wenn ich morgens eine Geburt begleite, bin ich um 7:45 Uhr im OP-Bereich. Ich informiere mich über die Patientin und den Schwangerschaftsverlauf sowie mögliche Risiken und bespreche mich mit der Hebamme und der Gynäkologin. Das Material für die Erstversorgung des Neugeborenen wird eingerichtet und getestet, und ich stelle mich den Eltern vor. Wenn alles nach Plan läuft und das Neugeborene gut gestartet ist, gehe ich auf die Maternité und mache Visite. Anschliessend arbeite ich in meiner Praxis kindermedizin in der Klinik Hirslanden, führe Vorsorgeuntersuchungen durch und behandle Notfälle. Wenn ich Dienst habe, bin ich für Notfälle auch am Abend und in der Nacht erreichbar.

Wie fühlt es sich an, Mama zu sein?
Meine Gynäkologin meinte nach Nummer drei: «So, da hast du jetzt dreimal lebenslänglich!» Wie Recht sie hat – in guten, wie in schlechten Zeiten. Nach der Geburt des ersten Kindes steht die Welt erst einmal Kopf: Aus zwei ist drei geworden und irgendwie steht man selbst oder auch als Paar nie mehr wieder vollends im Mittelpunkt. Das ist natürlich und gut, aber auch sehr häufig ganz schön anstrengend. Seitdem ich selbst Mutter bin kann ich einige Situationen, die ich im Spitalalltag erlebt habe, besser verstehen.

Welchen Ratschlag geben Sie werdenden Eltern?
Bereits während der Schwangerschaft kann man Hebammen-Termine wahrnehmen. Auch in der ersten Zeit zuhause können Mutter und Kind eine ambulante Wochenbettbetreuung bekommen. Wenn man da die richtige Person findet, die auch menschlich zu einem passt, dann wird man nicht nur medizinisch gut begleitet. Es gibt sehr viele Frauen, die hier einen wunderbaren Job machen. Investieren Sie nicht nur in die Zukunft Ihrer Kinder, sondern auch in Ihre gemeinsame Zukunft als Paar. Investieren Sie in einen passenden Babysitter und gehen bald mal wieder miteinander alleine aus! Und zu guter Letzt: Manchmal sind es von allen Seiten zu viele und zu vernünftige Ratschläge. Nicht alles passt für Sie als Familie und man darf auch immer mal wieder fünf gerade sein lassen. 

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